3.Ebene Rolle Jugendämter

Beteiligung der Jugendhilfe am Ganztagskonzept

Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 23.12.2010:

Gebundene und offene Ganztagsschulen sowie außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote in Primarbereich und Sekundarstufe I (BASS 12 - 63 Nr. 2)

"6.5. Jede Ganztagsschule entwickelt, auch unter Beteiligung der außerschulischen Kooperationspartner, ein Ganztagskonzept, das regelmäßig fortgeschrieben wird. Dieses Konzept orientiert sich an den in Nummer 3.1 beschriebenen Merkmalen und ist Teil des Schulprogramms. Über das Konzept entscheidet die Schulkonferenz (§ 65 Abs. 2 Nr. 1 SchulG und § 65 Abs. 2 Nr. 6 SchulG)."

Bezogen auf den Bereich der außerunterrichtlichen Angebote ist zu berücksichtigen, dass diese einerseits ein eigenständiges Profil haben (siehe Merkmale unter Punkt 3.1), andererseits aber inhaltlich-fachlich mit dem Unterrichtsbereich verknüpft sein sollten – auch wenn vielerorts aus schulorganisatorischen Gründen noch ein zeitliches additives Nacheinander von Unterricht und außerunterrichtlichem Angeboten vorherrscht. Das Ganztagskonzept muss beide Bereiche zusammen binden.

Bei der Entwicklung des Ganztagskonzeptes und hier insbesondere der außerunterrichtlichen Angebote sollten außerschulische Partner frühzeitig beteiligt werden, damit diese ihren gesetzlichen Auftrag (gemäß § 1 SGB VIII), ihre pädagogischen Zielsetzungen, ihr methodisches Know-how und ggf. auch Wissen über die Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen mit in die Konzeptentwicklung einbringen können. Insbesondere die außerschulischen Träger der Jugendhilfe – z.B. aus dem Bereich der Jugendarbeit – werden daran interessiert sein, ihr Bildungsprofil im Ganztag zur Geltung bringen zu wollen. Je nach jugendhilfepolitischen Schwerpunktsetzungen des zuständigen Jugendamtes (z.B. Mädchen- und Jungenförderung) kann es zudem sein, dass die örtlichen Träger als Kooperationspartner von Schulen den Auftrag haben, entsprechende Themen bei der Gestaltung des Ganztags mit einfließen zu lassen.

Zu empfehlen ist von daher, auch mit Blick auf die Ausführungen zu Punkt 4.1, eine Beteiligung des örtlich zuständigen Jugendamts an der Entwicklung des Ganztagskonzeptes, wenn dieses eine umfangreiche Mitwirkung von Trägern/Anbietern aus dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe vorsieht. Auf jeden Fall sollte das fertige Ganztagskonzept dem Jugendamt zur Kenntnis zugeleitet werden. Geeignete Kontaktstellen können z.B., wenn es hier nicht schon fest vereinbarte Ansprechpartner (wie z.B. für den offenen Ganztag) gibt, die Jugendhilfeplanerinnen und Jugendhilfeplaner sein.

Auch bei der Überprüfung und Fortschreibung des Ganztagskonzeptes sind die außerschulischen Partner – natürlich entsprechend ihrer (Mit)Verantwortung für den Ganztag – zu beteiligen. Das betrifft die Träger der Angebote; das betrifft aber auch das Jugendamt, das im Rahmen der eigenen Weiterentwicklung der Jugendhilfelandschaft (z.B. über den Wirksamkeitsdialog) auch an der Qualitätsentwicklung interessiert sein wird und muss.

Beitrag bei Bedarfsplanung und Umsetzung

Die verschiedenen Ganztagsangebote basieren auf § 9 SchulG NRW und gelten als schulische Veranstaltungen. Werden außerunterrichtliche, ganztagsorientierte Angebote von anerkannten Trägern der Jugendhilfe auf der Grundlage des SGB VIII durchgeführt, so sind diese gleichermaßen als Angebote der Kinder- und Jugendhilfe anzusehen. Die gesetzlich verankerte Planungs(mit)verantwortung der Jugendämter ergibt sich, neben der bereits unter Punkt 1.3 genannten Verpflichtung der Jugendämter gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII (Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots Betreuungsangebots für Kinder im schulpflichtigen Alter), in mehrfacher Hinsicht.

Gemäß § 79 Abs. 1 SGB VIII haben die Jugendämter als Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung aller Aufgaben nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung. Von daher ist es zwingend erforderlich, dass die Jugendämter eingebunden werden, wenn außerschulische Partner aus dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe Angebote an und mit Schulen durchführen – bzw. dass diese Angebote und die sie durchführenden Träger Bestandteil der Jugendhilfeplanung gemäß § 80 SGB VIII sind.

Der Planungsauftrag der Jugendämter bezieht sich nach § 80 SGB VIII sowohl auf die Bereitstellung von Einrichtungen und Angeboten als auch auf die Steuerung inhaltlich-qualitativer Aspekte wie z.B. fachliche Zielvorgaben, jugendpolitische Schwerpunktsetzungen, Qualitätsmerkmale von Einrichtungen und Angeboten usw. Die Planungen sollen insgesamt den Bedürfnissen und Interessen von jungen Menschen und ihren Familien Rechnung tragen. Dabei sollen die Jugendämter gemäß § 80 Abs. 4 SGB VIII auch darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abgestimmt werden. Hierzu zählen gemäß § 81 SGB VIII Schulen und Stellen der Schulverwaltung, die in einer neun Bereiche umfassenden Liste an erster Stelle genannt werden. Es liegt auf der Hand, dass dafür eine enge Verknüpfung der Jugendhilfeplanung mit der Schulentwicklungsplanung, aber auch mit der Entwicklung der schulischen (Ganztags)Programme notwendig ist.

Dieser Planungsauftrag wird dann nochmals für die Angebote und Träger im Bereich der Jugendförderung nach §§ 11 bis 14 SGB VIII (das betrifft die Handlungsfelder der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes) im sog. 3. Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, Kinder- und Jugendförderungsgesetz Nordrhein-Westfalen (KJFöG NRW), konkretisiert. Gemäß § 7 KJFöG NRW sollen die Jugendämter kooperative Angebotsstrukturen in den Sozialräumen (weiter)entwickeln und zu einer integrierten Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung beitragen. Deutlich wird somit ein sehr umfassender, für sich stehender Planungsauftrag der Kommunen als Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Mit anderen Worten: Die Jugendämter planen nicht für Schulen bzw. arbeiten dem Ganztag zu – ganztagsorientierte Angebote von Trägern der Jugendhilfe an und mit Schulen liegen vielmehr in der originären Planungsverantwortung der Jugendämter.