Das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchuG 2012) von 2012 zielte auf Basis breiter Forschungserkenntnisse als Ausdruck subjektiver Kinderrechte auf ein besseres Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen in öffentlicher Verantwortung ab sowie auf die Entlastung, aber nicht Entmündigung der Eltern.
Zentral dabei war bei vermuteten Kindeswohlgefährdungen die Vorgabe zum kooperativen Agieren aller Beteiligten in einer Verantwortungsgemeinschaft inklusive der staatlichen Institutionen grundsätzlich ohne Rollenvorrang (vgl. Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz 2012a, kurz KKG). Dieser kooperativ gestaltete Kinderschutz bedeutete die Stärkung aller in diesem Kontext handelnden Professionen. Sie erhielten konkrete Anleitungen und Hilfen, die in NRW 2022 mit dem Landesausführungsgesetz 2022 (Landeskinderschutzgesetz 2022) zum Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG 2021) des Bundes von 2021 im Sinne der Kinder und Jugendlichen weiter spezifiziert wurden. Darüber hinaus wurde mit dieser Gesetzesnovelle die durchgängige Partizipation aller Beteiligten verstärkt und spätestens nun müssen Betroffene beteiligt werden und haben einen uneingeschränkten Beratungsanspruch auch ohne Eltern (ebd.).
Das den Gesetzten zugrunde liegende Prinzip der Kinder als Träger eigener Rechte verpflichtet alle Erwachsenen, junge Menschen insbesondere vor Kindeswohlgefährdungen zu schützen (vgl. Maywald 2012, 111). Ausdrücklich gilt dies für die pädagogische Tätigkeit der Lehr- und Fachkräfte im Ganztag. Auch für Lehrkräfte gilt dieser Pflichtauftrag zum Kinderschutz nicht erst seit dem § 4 KKG aus dem Bundeskinderschutzgesetz (KKG 2012b), sondern war lange vorher im Beamtenstatusgesetz (Beamtenstatusgesetz 2009) festgeschrieben. Zusammenfassend beschreibt das Schulgesetz in § 42 (SchulG 2024) die verbindliche Aufgabe zum Kinderschutz in den allgemeinen Rechten und Pflichten für alle in Schule Tätigen:
Die Sorge für das Wohl der Schülerinnen und Schüler erfordert es, jedem Anschein von Vernachlässigung oder Misshandlung nachzugehen. Die Schule entscheidet rechtzeitig über die Einbeziehung des Jugendamtes oder anderer Stellen. Jede Schule erstellt ein Schutzkonzept gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch. Es bedarf der Zustimmung der Schulkonferenz.
Professionsspezifische Beschreibungen bzw. Vorgaben finden sich für Lehrkräfte in der Allgemeinen Dienstordnung (ADO 2024), in den Bereinigten amtlichen Schulvorschriften (BASS 2024) sowieim § 4 KKG (ebd.) selbst. Für die in Ganztagsschulen tätigen und nicht im Landesdienst beschäftigten Fachkräfte gelten weitgehend analoge Informationen, Hilfen, Vorgaben und Anleitungen im Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII 2024) in den §§ 8a (tätig innerhalb der Jugendhilfe) und 8 b (tätig außerhalb der Jugendhilfe). Zusammengeführt wird Kinderschutz im Ganztag als gemeinsame Aufgabe für Schule und Jugendhilfe in dem FAQ zum am 1. August 2026 in Kraft tretenden gemeinsamen Erlass "Offene Ganztagsschulen sowie außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote im Primarbereich":
[…] Die Kinderschutzkonzepte von Ganztagsschulen (§ 42 Absatz 6 SchulG) und den Trägern der außerunterrichtlichen Ganztagsangebote (§ 11 Absatz 5 Landeskinderschutzgesetz Nordrhein-Westfalen) sollten idealerweise gemeinsam entwickelt, angewendet und überprüft werden. Darüber hinaus bestehen [oben angeführten] zentrale bundesgesetzliche Bestimmungen für den Kinderschutz ohnehin fort. In der Praxis wird es um Kenntnisse hinsichtlich des Kinderschutzes, um gemeinsame Absprachen und abgestimmte Verfahrensweisen zwischen den Partnern sowie um Handlungssicherheit gehen. Dazu wird empfohlen, entsprechende Vereinbarungen zur gemeinsamen Entwicklung und Evaluation auf Basis der für den Kinderschutz geltenden Regelungen in die Kooperationsvereinbarungen aufzunehmen. (Konkrete Hinweise zur Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen finden sich im Erlass unter den Ziffern 1.3, 2.1, 3.1., 6.5, 6.6, 6.8., 6.9., 7.6 und 7.7)
Unabhängig von gesetzlichen Vorgaben: Lehr- und Fachkräfte in der Ganztagsschule sehen „ihre“ Kinder und Jugendlichen i.d.R. häufiger als andere Erwachsene außerhalb der Familie und haben damit die wohl größten Chancen, Veränderungen bzw. Warnzeichen als Signale für mögliche Kindeswohlgefährdungen erkennen und angemessen helfen zu können. Voraussetzung dazu ist eine offene Haltung den Schülern und Schülerinnen gegenüber und eine Beziehung, die geprägt ist von angemessener Augenhöhe, Vertrauen, Anerkennung und Fehleroffenheit.
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Dirk Fiegenbaum-Scheffner
Koordinator für Ganztagsbildung Sek I
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